Achtung

Sandy, ein *nicht* FCI- Toller
eine wahre Geschichte aus dem Leben eines Nova Scotia Duck Tolling Retriever’s (von Monika Haberzeth)

Am 14.09.1998 nahm das Schicksal seinen Lauf….

Wochen vorher nahmen wir Abschied von unserem 15-jährigen Mischlings-Rüden Timmy. Ohne Timmy fehlte uns etwas. So begannen wir Zeitungen nach Welpen zu durchstöbern, wurden aber nicht fündig. Wir wandten uns an unser nahegelegenes Tierheim in Schwandorf/Oberpfalz, das aber derzeit auch keine Welpen zur Vermittlung hatte. Die Tierhilfe im Landkreis Schwandorf hatte einen Wurf Mischlingswelpen zur Vermittlung. Wir suchten uns unseren Welpen am 14.09.1998 aus.Maria R., die nette Dame der Tierhilfe, erzählte uns, dasseine Hündin nachts zuvor über den Zaun geworfen wurde, es wäre eine, ca. 5 Monate alte Dackel- Mischung zu der sie absolut keine Informationen haben. Wenige Minuten später standen wir vor einem, großen Eisentor, eine rot-orange, total dünne, ausgehungerte kleine Hündin huschte durch die Stäbe, direkt in meine Arme, somit war es um uns geschehen und wir nahmen ganz spontan unsere *Sandy* mit nach Hause.

In der ersten Nacht hörten wir Geräusche, die sich anhörten, als ringt jemand um Luft. Es war Sandy, die keine Luft bekam und Atemnot hatte, instinktivüberstreckten wir Sandys Kopf und Hals, damit sie wieder frei atmen konnte. Erst viel später erfuhren wir, weshalb es immer wieder zu Sandys Atemnot kam (kommt bei Chondrodysplasie oftmals vor)…..Sandy löste sich in der Wohnung und verstümmelte sich selbst. Wir waren zutiefst erschüttert! Sandy war nicht stubenrein und litt an der Zwingerkrankheit.

Wir suchten umgehend unseren Tierarzt auf. Wir wussten weder, ob sie entwurmt war, noch ob sie schon geimpft wurde. Die Untersuchung ergab, dass Sandy schon älter als 5 Monate sein muß, da ihr Gebiss schon vollständig war. Sandy wirkte etwas zurückgeblieben. Laut Tierarzt muß Sandy irgendwann im Frühjahr 98 (Jan., Febr., März) zur Welt gekommen sein. Sandy war weder geschipt noch tätowiert.Auch der TA bestätigte die Aussage von Maria R., dass Sandy ein Dackelmischling sein könnte, denn schließlich hat sie ja krumme Beinchen…..Auf die Impfung reagierte Sandy mit Lustlosigkeit, Erbrechen und Durchfall. Nach zwei Tagen ging es Sandy wieder etwas besser. Längst stellten wir fest, dass Sandys Gebäude unproportioniert wirkte und ihre Vorderbeinchen nicht mitwachsen.

Sie gab uns immer wieder Rätsel auf….
Es dauerte Monate bis Sandy keine Angst mehr hatte wieder weg zu müssen, dennoch wirkte sie verschlossen und eingeschüchtert. Nach und nach konnten wir Sandy zum Spielen animieren und unsere Süße wurde zur Tennisballfanatikern. Sandy fand nie ein Ende, immer wieder schleppte sie den Ball an und hätten wir nicht abgebrochen, wäre sie irgendwann zusammengebrochen. Dabei sah sie immer aus, als hätte sie Tollwut, sie warf immer richtige schäumende Blasen, deshalb reduzierten wir die Ballspielchen und später hoben wir sie komplett auf.Immer wieder kam es zu Situationen und Zwischenfällen nach Impfungen, Entwurmungen oder nach Anwendung von Zeckenmitteln. Sandy reagierte extrem!! Seit Sandy bei uns war, durchlebten wir gemeinsam gesundheitliche Höhen und Tiefen… Stets spielte die Angst um Sandy eine entscheidende Rolle in unserem Leben.Sandy verhielt sich teilweise panisch und verängstig, wenn sich uns ein Mann mit Mütze und oder Stock näherte. Bei allem, was Ähnlichkeit mit einem Stock hatte reagierte Sandy verängstigt. Trotz allem blieb Sandy ihre Clownhaftigkeit, der Schalk, der ihr aus den Augen blitzt und ihr außerordentlicher Charme erhalten. Man musste Sandy einfach lieben!!

Am 30.12.1999 nahmen wir Nana, eine 4 Monate alte Golden Retriever Hündin bei uns auf. Nana musste in ihrem kurzen Leben bereits 6 Stellen durchlaufen und nirgends durfte sie bleiben. Da konnte ich meine Augen nicht verschließen und Nana ihrem Schicksal überlassen. Doch nun hatten wir zwei Hündinnen, die unsere volle Aufmerksamkeit, Liebe und vor allem Geduld brauchen. Um möglichst viel über den Golden in Erfahrung zu bringen, lasen wir Bücher, in einem wurden alle 6 Retriever- Rassen vorgestellt undbeschrieben. Als wir den Nova Scotia Duck Tolling Retriever sahen, schien es, als würde unsere Sandy uns anblicken. Nur die krummen Beinchen passten nicht. Sandy war ein richtiger roter Wirbelwind und je interessanter und aufregender etwas war, um so mehr seltsame, fiepende Töne gab Sandy von sich.

Im Herbst des Jahres 2001 schlug das Schicksal erneut zu. Sandy hatte über 40 Grad Fieber, wollte nicht mehr angefasst werden, sie schrie vor Schmerzen, wirkte steif, konnte den Kopf nicht mehr bewegen ohne, dass sie Schmerzen dabei hatte. Auffallend war, dass Sandy stets den Kopf schüttelte und vermehrt gähnte. Doch die Ohren waren in Ordnung…
Der Tierarzt verschrieb Sandy Metacam, ein 24 Std.-Schmerzmittel, dass aber absolut keine Wirkung zeigte. Als wir den TA erneut anriefen und ihm schilderten, dass das Schmerzmittel nicht greift, Sandys Zustand sich sogar noch verschlechtert hat, merkten wir richtig, dass auch er in diesem Moment ratlos war. Sandy konnte zwischenzeitlich nicht mehr Aufstehen und Laufen, ihr Hinterteil war komplett gelähmt. Es war kein schöner Anblick zu sehen, wie unsere geliebte Maus litt und wir ihr nicht helfen konnten.
So ließen wir Sandy erneut untersuchen, Röntgen, Ultraschall, Blut usw..Die Röntgenuntersuchung ergab keinen Befund, Sandy litt nicht wie vom TA vermutet an Dackellähme. Aber woher kamen die neurologischen Ausfälle? Was festgestellt wurde, war, dass Sandys Milz vergrößert ist, wir dachten sofort an Autoimmunerkrankung…Der TA empfahl uns Sandy zu erlösen!! NEIN – das können und wollen wir nicht tun!!
Wir fanden in einem Buch über den Nova Scotia Duck Tolling Retriever etwas, was zu Sandys Symptomen passte. Es wurde darin eine Krankheit erwähnt, eine „noch unbekannte Variante“, welche mit Cortison behandelt werden müsste. Mit allen Informationen, die ich zusammengesammelt hatte, sind wir zum TA und er willigte ein, es mit einer hohen Dosis Cortison zu versuchen.Sandy sprach auf das Cortison an. Schon nach kurzer Zeit der Verabreichung sollte das Cortison ausgeschlichen werden. So geschah es, dass das Cortison abgesetzt wurde und Sandy daraufhin einen Rückfall erlitt… Sandy war ein Bild des Jammers…

Dann kam im März 2002 der absolute gesundheitliche Einbruch von Sandy. Wir konnten und wollten uns mit einem Achselzucken und dem Hintergedanken, dass Sandy sowieso nicht mehr lange lebt des Tierarztes nicht zufrieden geben… Erneut begannen wir mit der Cortisontherapie und schon bald, erholte sich Sandy und zeigte nur hin und wieder Symptome der SRMA (Steriod Responsive Meningitis Artheritis).Je mehr aber das Cortison wieder reduziert wurde, desto öfter kam es wieder zu Ausfällen. Unser Tierarzt meinte Sandy müsste das Cortison bis an ihr Lebensende nehmen…

In dieser Zeit der Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit nahm ich meinen Mut zusammen und setzte mich in Verbindung mit erfahrenen Tollerleuten. Und Dank deren Hilfsbereitschaft wurde Sandy, der kleinen Tollerin ohne Herkunft ein neues Leben geschenkt. Zuerst wechselten wir den TA. Wir suchten uns auf Anraten einen TA, der gleichzeitig Homöopathie macht und erzählten ihm in einem 1 ½ Stunden Gespräch alles, was wir zusammengetragen haben und zwischenzeitlich erleben mussten.Erneute Untersuchungen ergaben:SRMA, Chondrodysplasie (Zwergenwuchs-dwarfism), welche verantwortlich für Sandys Deformationen des Bewegungsapparates ist, Störungen des Immunsystems, Niereninsuffizienz, Nahrungsmittelallergien, Allergien auf Pyrethroide (Nervengifte), Thiomersal (Konservierungsmittel in Impfungen), usw.Es traf uns wie ein Schlag, war das Sandys Todesurteil????

So wie Sandy kämpfte, kämpften wir auch und stellten unser Leben um und versuchten alles was Sandy’s Gesundheit zu Gute kam und kommt.Fertigfutter?? Weg!! BARFEN ist angesagt (biologisch artgerechte Roh Fütterung) sogar das Backen fingen wir an, den auch industriell hergestellte Leckerlis waren tabu. Das Cortison wurden in ganz kleinen Schritten reduziert und letztendlich ohne Zwischenfälle ausgeschlichen. Sandy sprach erfreulicherweise auf die homöop. Arzneimittel, Eigenblutbehandlung und Säftchen an und es schien, als wären wir auf dem besten Weg, um Sandys Lebensqualität wieder herzustellen und auch zu erhalten. Dennoch erlebten und erleben wir immer wieder Rückschläge!!! Vieles, was immer wieder zu Problemen führt, sind meist Folgeerkrankungen oder gehören zu dem breit gefächerten Krankheitsbild von Lupus Erythermatodes (Autoimmunerkrankung). Sandy wird stets Medikamente nehmen müssen, dank derer wir aber unseren kleinen, roten Intelligenzbolzen noch lange haben werden.

Wir kauften einen Fahrradanhänger, so dass Sandy auch Radtouren mitmachen konnte und kann. Um Sandys deformierte Knochen zu schonenund um ihr Linderung zu verschaffen betteten wir sie auf ein Wasserbett. Im Oktober 2003 waren wir mit beiden Mädels zur REHA für Hunde in Oberammergau. Zu hause machen wir ein Krankengymnastikprogramm undim Sommer eine Schwimmtherapie.

2003 erhielten wir unsere Belohnung.
Sandy kommt immer mehr aus sich heraus und zeigt uns, was so alles in ihr steckt.
Wir besuchten eine Hundeschule, man hatte für mich und meinen Dackel nur ein Lächeln übrig… Schließlich kann man einem Dackel nichts beibringen. Sandy aber brachte alle zum Staunen!! Denn sie lernte schnell und gerne

Da Retriever gerne apportieren, wollten wir mit beiden Hunde einen Dummykurs absolvieren. Deshalb dachten wir uns, wenn wir schon Retriever haben, wieso sollten wir es nicht beim Deutschen Retriever Club e.V.(DRC e.V.) versuchen. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach Retriever auszubilden, wenn sie keine oder die falschen Papiere (Dissidenz- Verein wie z. B. IRJGV) besitzen. Immer wieder sind wir daran gescheitert, dass unsere Hunde keine FCI/VDH/DRC Hunde sind. Sandy ist aufgrund fehlender Tätowierung oder eines Chips mit Sicherheit kein DRC Hund und Nana, ist laut Papiere vom IRJGV. So besteht nur die Möglichkeit Trainer privat zu organisieren und Seminare abzuhalten.

Wir können nur jeden, der sich für einen Rassehund entscheidet, ans Herz legen, dass er sich genauestens im Vorfeld überlegt, was er später mit seinem Hund machen möchte.Wer sich für einen Retriever entscheidet, sollte sich im Klaren darüber sein, was passiert, wenn er sich einen Hund aus einem Dissidenz- Verein holt, nämlich, dass es keine Möglichkeit gibt im DRC zu trainieren. Wir für unseren Teil haben beschlossen, dass unser nächster Retriever ein VDH/DRC Hund sein wird. Aber nicht nur, weil Sandy, ein Dissident Hund krank ist – NEIN! – weil wir auch eine rassespezifische Ausbildung vorziehen.
Da wir mittlerweile vom Tollervirus infiziert sind, stöbern wir viel im Internet. Dabei stießen wir auf Toller, die ebenfalls erkrankt sind. Einige sogar Sandy sehr ähnlich sehen. Zwischen- zeitlich lernten wir Cera (DRC – vorsichtig nicht Deutscher Retriever Club, sondern deutscher Rassehunde Club, also auch Dissidenz) eine Tollerhündin persönlich kennen. Cera leidet ebenfalls an SRMA und an Chondrodysplasie.